Zuweisung eines Hundes während der Trennungszeit - Auf die Lebensqualität kommt es an

Zuweisung eines Hundes während der Trennungszeit - Auf die Lebensqualität kommt es an

Im Rahmen einer Trennung von Eheleuten entbrennt in einigen Fällen Streit, wer das Haustier mitnehmen darf. Wenngleich diese Frage teilweise mit hoher emotionaler Belastung der Beteiligten Partner einhergeht, ist die juristische Sicht dieser Frage sehr nüchtern.

Tiere sind gem. § 90a BGB zwar keine “Sachen” - allerdings sind die für Sachen geltenden gesetzlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Demnach werden Haustiere während der Trennungszeit wie Haushaltsgegenstände nach der Vorschrift des § 1361a BGB betrachtet.

Das Amtsgericht Marburg - Familiengericht - hat sich in seinem Beschluss vom 03.11.2023 – 74 F 809/23 WH damit auseinandergesetzt, welchem Ehegatten nach erfolgter Trennung der Familienhund vorläufig, für den Zeitraum der Trennung, zugewiesen wird. Die Ehefrau hatte den Hund nach der Trennung ohne Einwilligung des Mannes mitgenommen, als sie aus der Ehewohnung ausgezogen ist. Der Ehemann als Antragsteller ist in der Ehewohnung mit Garten verblieben, wohingegen die Ehefrau (Antragsgegnerin) in eine vier Stunden entfernte Stadt verzogen ist. Daraufhin stellte der Antragsteller Antrag beim Familiengericht, ihm den Familienhund vorläufig – für die Zeit der Trennung – zuzuweisen und die Antragsgegnerin dazu zu verpflichten, den Hund an ihn herauszugeben.

§ 1361a BGB ist während der Trennungszeit auf Haustiere entsprechend anwendbar

Das AG Marburg gab dem Antrag statt. Es führte aus, dass auf die Zuweisung des Hundes die Regelung des § 1361a BGB während der Trennungszeit entsprechend anzuwenden ist, allerdings dem Umstand, dass es sich um ein Lebewesen handelt, Rechnung getragen werden muss und dementsprechend die Tierwohlkriterien ausschlaggebend sind. Maßgebend ist hier, wer die Hauptbezugsperson des Tieres ist. Sofern der Hund eine Bindung zu beiden Ehegatten hat, müssen weitere Kriterien zur Entscheidung herangezogen werden; unter anderem ob einer der Ehegatten dem Hund den Verbleib in seinem bisherigen Umfeld ermöglichen kann. Da der Hund beim Antragsteller jederzeit in den Garten konnte und dies – nach Ansicht des Gerichts – einen erheblichen Zuwachs an Lebensqualität bedeutet, da er sein Revier kontrollieren und bewachen, Knochen verstecken und wieder ausgraben sowie sein „Geschäft“ erledigen kann, sprechen diese Gründe erheblich für das Tierwohl. Daneben ist zu berücksichtigen, ob der Hund dauerhaft betreut – evtl. auch fremdbetreut – werden kann oder einen Großteil des Tages allein verbringt. Im Rahmen der Entscheidung ist darauf abzustellen, welche Zuweisung für den Hund für die Zukunft ab jetzt die größten Vorteile bringt.

Nach § 209 FamFG hat das Gericht neben der Zuweisungsentscheidung auch die Anordnungen zu treffen, die für die Durchführung der Entscheidung erforderlich sind – somit die Herausgabe des Hundes an den Antragsteller anzuordnen. Hierbei sind – sozusagen als Annex – zudem auch die dem Hund zuzuordnenden Gegenstände (Impfbuch etc.) mit herauszugeben.

Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist, dass anders als bei der Zuweisung von Gegenständen nach § 1361a BGB  an einen der Eheleute, hier eine völlig anderer Blickwinkel entscheidungserheblich ist. Es kommt nach dieser Entscheidung bei der Zuweisung von Tieren nicht primär auf die Frage an, welcher Ehepartner das Tier mehr braucht und ob es nach Betrachtung der Bedürfnisse der Eheleute gerecht (“billig”) ist, dass der Eine oder der Andere den Hund erhält. Das Amtsgericht stellt in seiner Entscheidung vorrangig auf “Tierwohlkriterien” und die emotionale Perspektive des Hundes ab. Folgerichtig entscheidet das Amtsgericht die Zuweisung des Hundes an einen Ehepartner nach dem Kriterium der individuellen “Bindung” des Tiers zu dem Menschen und der subjektiven “Lebensqualität” des Hundes. Dieser Ansatz ist eine neue Perspektive die - wenn sich diese Rechtsauffassung auch bei höheren Instanzen durchsetzt - neue Methoden und sachverständige Expertisen verlangt, um die Familiengerichte zu einer fachkundigen Bewertung in die Lage zu setzen, zu welchem Ehepartner ein Tier die höhere und positivere “Bindung” zeigt und die verlässliche Prognose ermöglicht, wie hoch die künftige subjektive “Lebensqualität” des Tiers bei einem Ehepartner sein wird.

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