Das Bürgerliche Gesetzbuch vermutet, dass eine Ehe gescheitert ist, wenn Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen, oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt (§ 1566 BGB). Leben Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe gemäß § 1565 Abs. 2 BGB nur dann geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe (für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen) eine unzumutbare Härte darstellen würde. Kern ist somit, dass Ereignisse vorliegen müssen, welche aus der unvoreingenommenen Sicht eines neutralen Dritten dem Antragstellenden ein weiteres Festhalten an der Ehe gänzlich unzumutbar machen.
In diesem Problemkreis entschied nun das Oberlandesgericht Naumburg am 05.11.2004 (Az. 14 WF 211/04) folgenden Fall:
Der Scheidungsantrag wurde von der Ehefrau gestellt. Diese lebte mit ihrem neuen Lebensgefährten zusammen. Die Trennungszeit von einem Jahr war noch nicht vollständig erfüllt. Sie war von ihrem neuen Lebensgefährten schwanger und beantragte die vorzeitige Ehescheidung, um so, noch vor der Geburt des Kindes, ihren neuen Lebensgefährten heiraten zu können.
Das Oberlandesgericht Naumburg sah in diesem Umstand keine «unzumutbare Härte» i. S. d. § 1565 Abs. 2 BGB. Die Ehe kann nicht vor Ablauf des Trennungsjahre geschieden werden.
Das Oberlandesgericht Naumburg argumentiert hier - letztlich konsequent - dass es nach dem Gesetz alleine darauf ankomme, dass die bestehende unzumutbare Härte “in der Person des anderen Ehegatten” liegt. Umstände, die ausschließlich (oder überwiegend) in der Person des die Scheidung beantragenden Ehegatten ihre Ursache haben, seien für einen Scheidungsantrag nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes “von vornherein irrelevant”.
Dem Argument, es wurde, durch das Aufrechterhalten der Ehe und die Geburt des Kindes während Bestehens der Ehe mit dem bisherigen Ehemann, ein aufwändiges Vaterschaftsanfechtungsverfahren erforderlich, tritt das Oberlandesgericht Naumburg dadurch entgegen; es verweist darauf, dass der neue Lebensgefährte gemäß § 1599 Abs. 2 BGB mit Zustimmung der Eheleute die Vaterschaft, im zeitlichen Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren, anerkennen könne. In diesem Fall wird die rein ehebedingte Vaterschaftsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB (Annahme, der bisherige Ehemann sei der Vater) außer Kraft gesetzt, da die unmittelbare Anerkennung der Vaterschaft des Lebensgefährten greift. Auch die hierdurch nicht eindeutige abstammungsrechtliche Situation des Kindes stelle keine unzumutbare Härte für das vorzeitige Scheidungsbegehren der Mutter dar.