Pfändbarkeit der 300 € Energiepreispauschale

Pfändbarkeit der 300 € Energiepreispauschale

Die Energiepreispauschale soll nach Willen der Bundesregierung allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen eine Entlastung bieten, indem einmalig eine Pauschale von 300,00 EUR ausgezahlt wird. Diese Auszahlung erfolgte mit dem Gehalt für September 2022. Es stellt sich die Frage, ob die Gelder pfändbar sind und zugleich ob ein Insolvenzverwalter diesen Betrag zur Insolvenzmasse ziehen kann.

Pfändbarkeit
Der Gesetzgeber hat leider keine ausdrücklichen Regelungen zur Pfändbarkeit der Energiepreispauschale geschaffen. Allerdings wurden mittlerweile durch das Finanzministerium in sogenannten “FAQ” versucht Klarheit zu schaffen, indem es seine Gesetzesinterpretation mitteilte. Zudem ergeben sich bei Auslegung der Gesetzestexte der Zivilprozessordnung (ZPO) Anhaltspunkte für die Praxis.

1. Bundesministerium der Finanzen
Das Bundesministerium der Finanzen gab in den FAQ zur Energiepreispauschale bekannt, dass diese nicht von der Lohnpfändung umfasst sein soll, da es sich hierbei nicht arbeits- und sozialversicherungsrechtlich nicht um Arbeitslohn oder Arbeitsentgelt handelt.

2. §§ 850 ff. ZPO
Die §§ 850 ff. ZPO finden auf die Energiepreispauschale keine Anwendung, da diese Vorschriften grundsätzlich nur greifen, sofern es sich um Arbeitseinkommen des Schuldners handelt. Die Energiepreispauschale ist keine Erfüllung des synallagmatischen Leistungsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer; der Arbeitgeber fungiert vielmehr als „Auszahlungsstelle“.

a. § 850a Nr. 6 ZPO
Die Energiepreispauschale ist nicht nach § 850a Nr. 6 ZPO pfändbar, da es sich nicht um Erziehungsgelder oder den Studienbeihilfen ähnliche Bezüge handelt. Die Norm unterwirft lediglich solche Bezüge der Pfändung, die den Schuldner bei Erziehung, Schuld- oder Berufsausbildung oder Studium unterstützen sollen.

b. § 850i ZPO
Die Energiepreispauschale ist ebenfalls nicht nach § 851i ZPO pfändbar. Grundsätzlich können nach § 851i ZPO auch solche Einnahmen gepfändet werden, die kein Arbeitseinkommen sind, aber aus einem Handeln des Schuldners erwirtschaftet werden (z.B. kapitalistischer Tätigkeit). Der Schuldner erwirbt die Pauschale jedoch ohne jegliches Zutun; er erwirtschaftet sie daher nicht. Da die Empfänger der Energiepreispauschale bereits ein reguläres Einkommen haben, besteht für § 850i ZPO, zumindest grundsätzlich, kein freier Raum. Die Norm stellt auf den freizugebenden Betrag ab, der dem entspricht, was der Schuldner im Rahmen eines laufenden Arbeits- oder Dienstverhältnisses als Lohn erhalten würde. Da die Empfänger der Energiepreispauschale jedoch bereits ein reguläres Einkommen haben, besteht für § 850i ZPO kein grundsätzlicher Raum.

c. § 851 ZPO
Die Energiepreispauschale ist auch nicht nach § 851 ZPO pfändbar. Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine zweckgebundene Leistung unpfändbar. Die Energiepreispauschale ist jedoch nicht zweckgebunden.
Nach § 851 Abs. 1 ZPO sind Forderungen, die nicht übertragbar sind, auch nicht pfändbar. Eine Forderung ist unübertragbar, wenn ein Gläubigerwechsel den Inhalt der Leistung ändern würde. Die Zweckbindung muss sich nicht direkt aus dem Gesetz ergeben. Im Rahmen von Corona-Soforthilfen geht der BGH von einer Unpfändbarkeit aufgrund einer Zweckgebundenheit aus.
Eine solche Zweckbindung liegt bei der Energiepreispauschale jedoch nicht vor. Der Gesetzgeber will mit der Energiepreispauschale die Folgen der gestiegenen Energiepreise und damit die möglicherweise entstandenen Mehrausgaben kompensieren. Allerdings sieht das Steuerentlastungsgesetz 2022 in Bezug auf die Energiepreispauschale keine derartige Zweckbindung vor, da sich weder aus dem Gesetz noch aus dem gesetzgeberischen Willen ergibt, dass die Energiepreispauschale ausschließlich für die Energiekosten zu verwenden sind.

3. § 46 AO
Die Energiepreispausche ist jedoch nach § 46 AO pfändbar. Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 AO sind auf die Energiepreispauschale die für die Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung und damit auch § 46 AO anwendbar. Nach § 46 Abs. 1 AO ist Ansprüche auf Erstattungen von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen pfändbar. Damit ist die Energiepreispauschale nach dieser Norm pfändbar.

4. Energiepreispauschale im Insolvenzverfahren
Trotz der Pfändbarkeit der Energiepreispauschale, wird sie nicht vom Insolvenzverwalter zur Masse gezogen. Der Insolvenzverwalter darf aufgrund der Abtretungserklärung, die die Schuldner unterzeichnet haben, nur Lohn- und Lohnersatzansprüche zur Masse ziehen. Bei der Energiepreispauschale handelt es sich jedoch nicht um einen Lohn- oder Lohnersatzanspruch, sodass dieser nicht zur Masse gezogen werden kann.

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