Eine altersdiskriminierende Kündigung ist auch in einem Betrieb, der nicht mehr als zehn Mitarbeiter hat, nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz unwirksam. Das BAG hatte in seinem Urteil vom 23.07.2015 folgendes zu entscheiden:
Die Klägerin arbeitete seit über 20 Jahren als Arzthelferin in einer urologischen Praxis. Auf die urologische Praxis fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, da diese nicht mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigte. Im Alter von 63 Jahren erhielt sie die Kündigung. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die Praxis noch vier weitere jüngere Arzthelferinnen. Das Kündigungsschreiben hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:
… seit über 20 Jahren gehen wir nun beruflich gemeinsame Wege. Wir haben in dieser Zeit viel erlebt, auch manche Veränderung. Inzwischen bist du pensionsberechtigt und auch für uns beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Im kommenden Jahr kommen große Veränderungen im Laborbereich auf uns zu. Dies erfordert eine Umstrukturierung unserer Praxis. Wir kündigen deshalb das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen Frist zum …
Die gekündigte Arzthelferin wandte sich gegen diese Kündigung und erklärte, diese sei wegen unzulässiger Altersdiskriminierung unwirksam. Die Erwähnung der Pensionsberechtigung im Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen des Alterns vermuten. Der Arbeitgeber behauptete, die Kündigung habe lediglich freundlich formuliert werden sollen. Tatsächlich sei aber die Klägerin sachlich schlechter qualifiziert als die anderen Arzthelferinnen und den Veränderungen im Laborbereich nicht gewachsen. Dies sei der alleinige Grund für die Kündigung gewesen.
Das Bundesarbeitsgericht führte hier aus, dass die Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ der betroffenen Arbeitnehmerin in einer Kündigungserklärung des Arbeitgebers eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach §22 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vermuten lasse. Zur Widerlegung der Vermutung ist die Darlegung und gegebenenfalls der Vollbeweis von Tatsachen erforderlich, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als das Alter, die zu der Kündigung geführt haben. Dem Arbeitgeber sei hier nicht gelungen, den erforderlichen Beweis dafür zu erbringen, dass das Alter der Klägerin für die Kündigung überhaupt keine Rolle gespielt habe. Aus diesen Gründen ist die Kündigung – trotz der Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes – nach § 134 BGB i. V. m. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam.