Kopie kann als Testament genügen

Kopie kann als Testament genügen

Ein Testament bestimmt, wer Erbe wird. Grundsätzlich ist nach § 2247 BGB nur ein eigenhändig unterschriebenes Testament gültig; nur dieses ist nach § 348 Abs. 1 S. 1 FamFG nach dem Tod des Erblassers zu eröffnen.

Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 19.8.2022 – 3 Wx 119/22) sieht dies anders und lässt in folgendem Fall auch eine Kopie ausreichen: F ist die Ehefrau des Erblassers M und sie hat die Kopie eines von M errichteten Testaments, das sie als Alleinerbin bestimmt, zur Eröffnung beim Nachlassgericht eingereicht. Dazu hat sie vorgetragen, M habe diese Kopie gefertigt und ihr zur Aufbewahrung überreicht. Das Nachlassgericht hat die Eröffnung der Testamentskopie abgelehnt, da mangels hinreichender Gewähr einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe eine Kopie nicht zu eröffnen sei. Hiergegen hat F Beschwerde eingelegt und der Fall landete beim OLG Düsseldorf.

Entscheidung des OLG Düsseldorf: Die Beschwerde der F gegen die vom Nachlassgericht abgelehnte Eröffnung der von der eingereichten Testamentskopie ist nach Auffassung des Gerichts begründet. Das Nachlassgericht hat, sobald es vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangt, eine in seiner Verwahrung befindliche Verfügung von Todes wegen zu eröffnen. Die sich vorliegend stellende Frage, ob auch die Kopie eines Testaments zu eröffnen ist, wird dabei nicht einheitlich beantwortet.

Teilweise wird hierzu in der Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass einfache Abschriften oder Kopien einer letztwilligen Verfügung nicht zu eröffnen sind. Zur Begründung wird angeführt, dass bei einer einfachen Abschrift einer letztwilligen Verfügung oder einer Kopie keine hinreichende Gewähr einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe des vollen Inhalts bestehe. Gleichzeitig kann auch ein verlorengegangenes Testament nicht eröffnet werden, obwohl dennoch ein Erbschein erteilt werden kann.

Die gegenteilige Auffassung hierzu hat jüngst das OLG München (Beschl. v. 7.4.2021 – 31 Wx 108/21) vertreten und zur Begründung darauf verwiesen, dass die Erbfolge auch auf der Grundlage von nur noch in Kopie vorhandenen Testamenten festgestellt werden könne; dann sei konsequenterweise auch die Kopie zu eröffnen. Das OLG Düsseldorf hat sich dem OLG München angeschlossen.

Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde: Sinn und Zweck des Testamentseröffnungsverfahrens ist es, im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit, durch zeitnahe amtliche Feststellung und Bekanntgabe vorhandener Verfügungen von Todes wegen, ganz gleich welcher Art, eine geordnete Nachlassabwicklung sicherzustellen. Daneben soll dem privaten Interesse der Beteiligten Rechnung getragen werden und ihnen soll durch die Testamentseröffnung zeitnah die Gelegenheit gegeben werden, die Verfügung auf ihre Rechtswirksamkeit und ihren Inhalt hin zu überprüfen sowie ihre Rechte am Nachlass wahrzunehmen.

Die Testamentseröffnung ist dabei dem Rechtspfleger übertragen; geboten ist eine beschleunigte Sachbehandlung. Dementsprechend findet auch nur eine summarische Plausibilitätsprüfung dahingehend statt, ob sich das dem Nachlassgericht vorliegende Schriftstück nach Form und Inhalt als Verfügung von Todes wegen darstellen kann. Ob ein Schriftstück den materiell-rechtlichen Anforderungen an eine wirksame Verfügung von Todes wegen genügt, ist im Eröffnungsverfahren nicht zu entscheiden; im Zweifel hat die Eröffnung zu erfolgen.

Im Einzelfall mag nämlich gerade nicht ohne weiteres zu erkennen sein, ob es sich bei einem Schriftstück um eine Kopie handelt. Hinzu kommt: Auch offensichtlich formunwirksame Testamente sind zu eröffnen sind, da sie möglicherweise als Auslegungshilfe zur Ermittlung des Erblasserwillens in Betracht kommen können. Diese Erwägung gilt aber auch für die Kopie eines Testaments.

Das Argument, wonach eine Kopie nicht eröffnet werden könne, da keine Gewähr für die vollständige und unverfälschte Wiedergabe des Inhalts bestehe, verfängt nach Auffassung des OLG nicht. Dieselbe Gefahr besteht auch bei Testamenten, die nicht unterschrieben sind.

Gleichzeitig sei es nicht gerechtfertigt, der Gefahr der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Kopie eine solche Bedeutung zuzumessen, dass eine Eröffnung nicht zulässig wäre. Anders als beim abhanden gekommenen Testament liegt bei einer Testamentskopie zumindest physisch ein Schriftstück vor, das eröffnet werden kann.

Somit sprachen nach Auffassung des OLG Düsseldorf in dem vorliegenden Fall die besseren Gründe für die Eröffnung der Testamentskopie.

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