Viele Kinder alleinerziehender Eltern werden tagsüber von einer Tagesmutter betreut, während der betreuende Elternteil arbeitet. Der Bundesgerichtshof hatte die Frage zu beantworten, ob Teile dieser Kosten dem anderen Elternteil als Bestandteil des Kindesunterhalts (sogenannter “Mehrbedarf”), zusätzlich zum eigentlichen Kindesunterhalt aufgelastet werden können. Durch Beschluss vom 04.10.2017 – XII ZB 55/17, entschied der Bundesgerichtshof:
„Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, stellen die Betreuungskosten keinen Mehrbedarf des Kindes dar, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist.“
Das bedeutet, dass die Kosten der Betreuung eines Kindes durch die Tagesmutter nicht als Mehrbedarf geltend gemacht werden können, wenn die Tagesmutter allein wegen der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich ist.
Eigentlich sieht § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vor, dass der Elternteil, der das Kind betreut, den Betreuungsunterhalt leistet und der andere Elternteil zum Barunterhalt verpflichtet ist. Dieser gesetzlichen Regelung würde es - so der Bundesgerichtshof - widersprechen, wenn im Falle einer Fremdbetreuung stets dieser Teil der eigentlich dem betreuenden Elternteil obliegenden Elternverpflichtung generell als Mehrbedarf nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB auf beide Eltern verlagert würde, während der andere Elternteil allein barunterhaltspflichtig bliebe. Dadurch, dass der betreuende Elternteil die Kinder durch einen Dritten (Tagesmutter) betreuen lässt, erfüllt er damit die obliegende Betreuungspflicht und muss die dafür erforderlichen Kosten tragen. Insoweit stellen die Betreuungskosten, die infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich werden, keinen Mehrbedarf des Kindes dar.
Allerdings stellt der Bundesgerichtshof auch klar, dass die Kosten einer Tagesmutter zur allgemeinen Betreuung gehören und daher als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils als Abzugsposition von dessen Einkommen berücksichtigt werden können.
Nur ausnahmsweise gehen die Kosten einer Tagesmutter über “die einem Elternteil obliegende Betreuung” hinaus und sind dann als Mehrbedarf des Kindes zu qualifizieren, für den die beiden Elternteile anteilig gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB aufzukommen haben. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn es sich um einen Betreuungsbedarf handelt, der über den Umfang der von dem betreuenden Elternteil ohnehin geschuldeten Betreuung hinausgeht, etwa wenn die Kosten eine “besondere Förderung” in staatlichen Kindergärten, Kindertagesstätten oder Horten betreffen. Auch eine vergleichbare private Einrichtung kann einen solchen Mehrbedarf des Kindes abdecken.
Eine Tagesmutter, die im Haushalt stundenweise die Kinder betreut, die Kinder von der Schule abholt und bei den Hausaufgaben betreut, leistet - nach Auffassung des Bundesgerichtshofs - für die Kinder “keine besondere Förderung”. Ihre Leistung ist nicht mit der Förderung in staatlichen Kindergärten, Kindertagesstätten, Horten oder privaten Einrichtung vergleichbar und daher kein Mehrbedarf.