In einem Erbfall verlangen Banken immer wieder vom Erben die Vorlage eines Erbscheins, bevor sie eine Kapitalanlage des Erblassers freigeben oder Kontenzugriff ermöglichen. Diese Praxis ist in dieser Form nicht immer zulässig, so der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 07.06.2005 (XI ZR 311/04).
Der verstorbene Erblasser hatte bei der beklagten Bank eine Kapitalanlage erworben. Die Erben wollten von der Bank die Kapitalanlage übernehmen. Dies wurde ihnen verweigert bis ein Erbschein im Original bzw. in beglaubigter Form vorgelegt werde.
Die Erben verwiesen darauf, dass der Erblasser ein notariell beurkundetes Testament gefertigt habe. Sie legten die Sterbeurkunde und das Testament vor. Die Bank bestand jedoch auf die Vorlage des Erbscheins.
Die Erben ließen daraufhin einen Erbschein fertigen, welcher Kosten von 1.434,00 EUR auslöste. Die entscheidenden Gerichte - zuletzt der Bundesgerichtshof - verurteilten die Bank auf Rückzahlung dieses Betrages.
Die Begründung des Bundesgerichtshofs setzt letztlich ein Gleichklang zwischen Grundstücksrecht und Kapitalanlagerecht her. In Immobilenfällen ersetzt das notarielle Testament gegenüber dem Grundbuchamt den Erbschein. Gleiches gilt entsprechend gegenüber Banken. Eine Bank kann keine strengeren Anforderungen stellen als ein Grundbuchamt. Ein notarielles Testament hat hinsichtlich der Übertragung der Kapitalanlagen und Vermögenswerte des Erblassers auf die Erben, eine dem Erbschein gleiche Nachweiswirkung. Der Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Er hat die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts “in anderer Form zu erbringen”. Ein eröffnetes öffentliches Testament (notarielles Testament) stellt - so der BGH - in der Regel einen ausreichenden Nachweis für sein Erbrecht dar.
Im Ergebnis stärkt und unterstreicht diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs erneut das notarielle Testament als wirksames Gestaltungsmittel mit einem Sondereffekt: Die Erben werden nicht mit Zusatzkosten für die Erstellung eines Erbscheins belastet.