Fristen für die Anfechtung der Anfechtungserklärung der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft sowie der Versäumung der Ausschlagungsfrist

Fristen für die Anfechtung der Anfechtungserklärung der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft sowie der Versäumung der Ausschlagungsfrist

Jüngst hatte der BGH (Beschluss vom 10.06.2015 – IV ZB 39/14) zu der Frage Stellung zu nehmen, welche Fristen für die Anfechtung der Anfechtungserklärung der Annahme der Erbschaft bzw. der Versäumung der Ausschlagungsfrist gelten.

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Erblasserin verstarb am 18.06.1996. Eine Tochter der Erblasserin, die Beteiligte 1, erklärte mit notariell beglaubigte Erklärung vom 13.11.1996, die Erbschaft nicht annehmen zu wollen, da ihr die Frist zur Ausklagung nicht bekannt gewesen sei. Daher fechte sie die Versäumnis der Ausschlagungsfrist an und schlage die Erbschaft aus, da sie überschuldet sei. Mit einer weiteren notariell beurkundeten Erklärung vom 26.08.2013 hat die Beteiligte 1 ihre Ausschlagungserklärung vom 13.11.1996 angefochten und dies damit begründet, dass sie im Zeitpunkt der Ausschlagung (1996) davon ausgegangen sei, dass der Nachlass überschuldet sei. In der Zwischenzeit habe sie nun erfahren, dass dem nicht so sei. Der Beteiligte 2, ein Sohn der Erblasserin, beantragte am 12.11.2013 einen Erbschein, wonach er und ein weiterer Bruder Erben zu je 1/3 sowie im Hinblick auf die Ausschlagung der Schwester deren drei Kinder zu je 1/9 Miterben geworden sind. Mit Beschluss vom 14.08.2014 hat das Nachlassgericht diesem Antrag entsprochen. Die Beteiligte 1 legte hiergegen Beschwerde ein, welche vom Beschwerdegericht zurückgewiesen wurde. Zugleich wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zunächst führt der BGH aus, unter welchen Voraussetzungen das Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist nach § 1956 BGB, insbesondere im Hinblick auf einen Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1 BGB, angefochten werden kann. Nach Auffassung des BGH war die erste Anfechtung am 13.11.1996 wirksam und dementsprechend auch die Ausschlagung des Erbes.

Die zweite Anfechtungserklärung vom 26.08.2013 hat der BGH zusammen mit dem Beschwerdegericht für unwirksam erachtet. Zunächst stellt der BGH klar, dass auch eine Anfechtungserklärung gem. §§ 1954, 1956 BGB ihrerseits angefochten werden kann. Im konkreten Fall sei diese weitere Anfechtung jedoch verfristet gewesen. Der BGH stellt klar, dass sich die Frist für die Anfechtung einer Anfechtungserklärung nach der allgemeinen Regelung des § 121 BGB richtet, also die Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern nach Kenntniserlangen vom Anfechtungsgrund erfolgen muss. Nach § 121 Abs. 2 BGB ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung 10 Jahre verstrichen sind.

In seiner Entscheidung führt der BGH aus, dass § 121 BGB vorrangig gegenüber der im Erbrecht verankerten Vorschrift des § 1954 BGB hinsichtlich der Anfechtungsfrist anwendbar ist. Gem. § 1954 BGB ist eine Anfechtung innerhalb von 6 Wochen möglich. Der BGH lehnt die unmittelbare Anwendung von § 1954 Abs. 1 BGB mit dem Argument ab, dass es nicht um die Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung der Erbschaft, sondern um die Anfechtung der Anfechtungserklärung gehe. Da diese weitere Anfechtung nicht in den §§ 1954, 1956 ff. BGB geregelt ist, seien die allgemeinen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB heranzuziehen.

Auch für eine entsprechende Anwendung von § 1954 sieht der BGH kein Raum, da in Fällen wie dem Vorliegenden nicht die fingierte Ausschlagung oder Annahme gem. § 1957 Abs. 1 BGB, sondern die Anfechtungserklärung selbst angefochten wird. Dies sei mit dem Sinn der Fiktion des § 1957 Abs. 1 BGB nicht vereinbar, klare Verhältnisse zu schaffen.

Weiter führt der BGH aus, dass der Anwendung von § 121 BGB auch aus praktischen Gründen der Vorzug zu geben ist. Sofern ein Beteiligte einmal seine Annahme oder Ausschlagung angefochten hat und später erfährt, dass diese Erklärung auf einen Irrtum beruhte, so ist es ihm zuzumuten, nun unverzüglich im Sinne § 121 Abs. 1 S. 1 BGB die Anfechtung zu erklären, damit möglichst schnell Rechtsicherheit hergestellt wird.

Wer die Annahme bzw. Ausschlagung der Erbschaft bereits wegen eines Irrtums angefochten hat und zu einem späteren Zeitpunkt erfährt, dass er bei dieser Erklärung einem weiteren Irrtum erlegen ist, hat schnellstmöglich zu reagieren, um die Anfechtungserklärung ihrerseits wieder anzufechten und zu vernichten. Schnelles und zielgerichtetes Handeln ist in diesen Situationen erforderlich.

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