Mit Beschluss vom 20.10.2022 (IX ZB 12/22) entschied der Bundesgerichtshof die Frage, ob Pflegegeld pfändbar ist. Immer wieder entsteht Streit, ob Pflegegeld im Rahmen einer Zwangsvollstreckung oder eines Insolvenzverfahrens zum pfändbaren Einkommen des Schuldners hinzugerechnet werden müssen und somit bei Überschreiten der Pfändungsfreigrenzen pfändbar sind.
Für den Fall eines nach § 37 SGB XI an die pflegende Person weitergeleiten Pflegegelds hat der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden, dass dieses nach § 851 Absatz I ZPO, § 399 BGB unpfändbar ist.
Der Bundesgerichtshof stellt dabei klar, dass das weitergeleitete Pflegegeld zwar für die pflegende Person keine Sozialleistung darstellt und somit nicht dem Pfändungsschutz nach § 54 Abs. 3 SGB I unterliegt. Zugleich stellt er jedoch auch klar, dass es sich bei dem weitergeleiteten Pflegegeld um eine nach § 399 BGB nicht abtretbare Forderung handelt. Für diese nicht abtretbaren und somit nicht übertragbaren Forderungen gilt im Rahmen der Zwangsvollstreckung § 851 Abs. 1 ZPO, welche bei vorliegend der Voraussetzungen eine Pfändung ausschließt.
Der Bundesgerichtshof formuliert: „Eine Forderung ist dann nicht übertragbar und damit unpfändbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne eine Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Leistung auf höchstpersönlichen Ansprüchen des Berechtigten beruht, die er nur selbst erheben kann, wenn – anders als bei höchstpersönlichen Ansprüchen – ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist, oder wenn ohne Veränderung des Leistungsinhalts die dem Gläubiger gebührende Leistung mit seiner Person derart verknüpft ist, dass die Leistung an einen anderen Gläubiger als eine andere Leistung erschiene. In allen diesen drei Fallgruppen ist die Abtretbarkeit ausgeschlossen, weil andernfalls die Identität der abgetretenen Forderung nicht gewahrt bliebe.
Das Pflegegeld unterfällt der dritten Fallgruppe. Pflegegeld wird gewährt, wenn der Pflegebedürftige in seiner häuslichen Umgebung oder im Haushalt einer Pflegeperson gepflegt wird, und soll die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen stärken, der mit der Geldleistung seine Pflegehilfen selbst gestalten kann. Das Pflegegeld stellt seiner Konzeption nach kein Entgelt für die von der Pflegeperson erbrachten Pflegeleistungen dar. Es setzt vielmehr den Pflegebedürftigen in den Stand, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die mit großem Einsatz und Opferbereitschaft im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen. Das Pflegegeld bietet somit einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Freunde oder Nachbarn. Der Konzeption des Pflegegeldes liegt der Gedanke zugrunde, dass familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege unentgeltlich erbracht wird. Das Pflegegeld ergänzt sie nur. Es braucht der Höhe nach nicht dem an professionelle Pflegekräfte zu zahlenden Entgelt zu entsprechen.“